Tag 6: 06.03.2003 (71 km): von 1000 auf Null

Eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang wachte ich auf und kroch aus dem Zelt. Wieder war der Himmel wolkenlos. In dieser Nacht fiel die Temperatur auf +5°C und in der letzten Woche fiel hier oben noch Schnee. Zum ersten Mal auf dieser Tour war mir kalt. Um warm zu werden, verließ ich unsere Campingstelle und lief die Straße entlang. Während meiner einstündigen Wanderung sah ich weder Mensch, Tier noch ein Auto. Lediglich viele Schilder standen am Wegesrand. Sie sind typisch für Mallorca und auf ihnen steht mit großen Lettern geschrieben: COTO PRIVADO DE CAZA.


Zusätzlich verdeutlichten Stacheldraht und andere Absperrungen, dass die Eigentümer hier niemanden wünschen. Ich konnte den Sonnenaufgang nicht direkt sehen, denn die Berge begrenzten die Sicht. Dafür spiegelten sich die Wolken und auch die Sonne, nachdem sie höher gestiegen war, im Stausee.


Kurz nachdem ich wieder zurück war, standen die anderen auf. Es war immer noch nicht bedeutend wärmer geworden, deswegen beeilten wir uns mit dem Frühstück.Zusätzlich bewegten sich Cirruswolken über die Berge. Dies bedeutete, dass heranziehen einer Schlechtwetterfront. Und so kam es dann auch: binnen einer Stunde war der Himmel zugezogen. Uns wurde nun noch kälter. 10:30 bauten wir die Zelte ab, packten unsere Sachen und fuhren los - dem schlechten Wetter entgegen. Wir hatten uns auch wieder die langen Sachen angezogen (lediglich ich fuhr mit kurzer Hose). Nach einigen Minuten erreichten wir den "Embalse de Cuber". Dies war der zweite Stausee der Insel. Hier war alles grau und nebelig. Nur ein paar bunt gekleidete Touristen hellten das Grau in Grau auf. Am Stausee befand sich eine militärische Einrichtung, vor der noch Schnee lag. Der Weg zum höchsten Berg der Insel (Puig Major mit 1443 m) war leider versperrt. Deswegen ging es für uns etwa 700 Höhenmeter bergab. Mein Trikot hatte sich im Hinterrad verklemmt und so musste ich absteigen und es aus den Speichen entfernen. So verlor ich den Anschluss an Mäfju und Nico. Ich ließ die Abfahrt (bremsenbedingt) ruhig angehen und wurde nach ein paar Metern von Robert überholt. Das Tal lag völlig in den Wolken. Zusätzlich zur rasanten Abfahrt kam noch eine nasse Fahrbahn. Diese hatte sich aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit gebildet. Nach vielen Serpentinen hatte auch ich Sòller erreicht. Die anderen warteten bereits einige Minuten auf mich. Meine Abfahrtsgeschwindigkeit lag bei 52 km/h im TopSpeed. Ich denke die anderen sind knapp 60 gefahren, sonst hätten sie nicht binnen zwanzig Minuten solch einen Vorsprung raus fahren können. Von der 10.000 Einwohner zählenden Stadt Sòller ging es dann wieder 100 Höhenmeter bergauf.


Es ist nun 12:30 Uhr und immer noch war alles bedeckt. Nächstes Ziel war Deià. Das Örtchen hat zwar nur 530 Einwohner aber erlangte als Künstlerwohnsitz Berühmtheit. Bereits Pablo Picasso wohnte hier eine Zeitlang. Um ihn zum Bleiben zu bewegen, installierte man eine Badewanne. Dies war ein großer Luxus, weil der gesamte Ort zu dieser Zeit kein fließend Wasser hatte.


Von Deià ging es nun noch weitere 200 Höhenmeter nach oben in die Ortschaft Valldemosa (1500 Einwohner). Valldemosa ist ein beliebter Touristenstützpunkt. Neben der Klosterkirche, der Sakristei und einigen anderen Pfarrkirchen beeindrucken die schmuck hergerichteten Gässchen. Hier kauften wir Postkarten, auch unser Essen für den Abend und den nächsten Morgen.Nach einer kleiner Ortsbesichtigung fuhren wir weiter entlang der Küstenstraße. Das Wetter wurde besser und 14:30 Uhr kam die Sonne raus. Am Aussichtspunkt von Banyalbufar war der Himmel dann wieder azurblau.


Es war zwar erst 15:30 Uhr aber wir schauten schon nach Möglichkeiten zum Zelten. Leider sah es schlecht aus. Die wenigen Wiesen waren wieder Privateigentum und ansonsten war die Küstenstraße sehr dicht besiedelt. Zusätzlich war nicht viel Platz. Denn rechts von der Straße war die Steilküste (~250 Meter) und links von ihr ging es bergauf. In Estellencs zeigte ein Schild runter zum Strand. Wir hofften, dass unten eine Möglichkeit zum campen war, ansonsten hätten wir wieder 250 Höhenmeter nach oben fahren müssen. Unten war leider kein Sandstrand sondern nur viele Steine. Trotzdem befand sich etwas oberhalb des Meeres eine ausgezeichnete Möglichkeit zum campen. Es war eine kleine Wiese die begrenzt von Steinen und Kakteen sehr idyllisch lag.


Nachdem die letzten Autos die Bucht verlassen hatten, bauten wir unsere Zelte auf. Robert wäre am liebsten noch einmal hoch nach Estellencs gefahren, um mit uns eine Pizza zu essen. Der Vorschlag wurde abgelehnt, weil wir für heute genug vom Fahrrad fahren hatten. Kurz bevor es Abendbrot gab, positionierte ich mich an der Küste, um den Sonnenuntergang zu fotografieren. Zwar wurde das Bild nicht so toll, aber ich fand die Ziegen im Vordergrund ganz nett anzuschauen.
Während meiner Abwesenheit hatten sich zwei Eingeborene mit den anderen unterhalten. Es ließ sich so eine Geschichte rekonstruieren: das Gebiet auf den wir campten wurde aufgrund ungeklärter Besitzverhältnisse nicht bebaut und entwickelte sich so zu einem wilden Garten. Unter einem sternenklaren Himmelszelt unterhielten wir uns noch sehr lange bis wir dann, begleitet von Meeresrauschen, einschliefen.


Statistik zum sechsten Tag:

6.März 2003
Vormittag
Nachmittag




Tageskilometer
70,50 km
Gesamtkilometer
397,81 km
reine Fahrzeit
03:32:42 h
Fahrzeit gesammt
21:30:12 h
Start
10:45 Uhr
Ziel
16:45 Uhr
TopSpeed
52 km/h
Übernachtung
Port de Estellencs



7ter Tag ...

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