Tag 6: 20.07.2006 (80 km): die Königsetappe

Tourmalet wir kommen !!


Schon beim Aufwachen hatte ich heute ein leichtes Lächeln auf den Lippen. Heute sollte also der Tag gekommen sein den prestigeträchtigen Col de Tourmalet zu bezwingen. Dieser Riese war seit 1903 immerhin schon 75-mal im Programm der Tour de France. Gut, der 2. Gedanke am Morgen galt meinen doch ziemlich festen Beinen. Nach der ersten „Hochgebirgsetappe“ am Vortag schrieen die nämlich nicht direkt nach erneuten Strapazen. Egal, bis zur Abfahrt waren ja erfahrungsgemäß noch 2h und wer weiß wie die Sache dann aussah. Wir spulten nun unser übliches Morgenprogramm ab. Beim Frühstück beobachteten wir schon die ersten Radler die sich in den Anstieg stürzten.
Einige Zeit später machen auch wir uns auf, das Dach unserer Pyrenäentour zu stürmen. Conrad schießt noch schnell ein Startphoto und auf geht’s. Die ersten Kehren gehen noch recht gemächlich, aber ab 15km vorm Gipfel steigt die Straße konstant mit 9% an. Unsere Wege trennen sich wieder und wir kämpfen uns jeder allein in seinem Rhythmus den Berg hinauf. Erstaunlicherweise sind die vielen Rennradfahrer gar nicht so viel schneller als wir mit unseren bepackten Rädern. 13km vorm Gipfel schließe ich mich einer 3köpfigen Gruppe älterer Radler an. Im Pulk fährt es sich auch einfacher weil man ein wenig quatschen kann und nicht nur auf den Anstieg fixiert ist. Nach einer Weile kommen vor mir 2 andere Reiseradler in Sicht. Als wir zu ihnen aufschließen lasse ich meine bisherigen Begleiter davonziehen und unterhalte mich lieber mit den beiden Franzosen. Leider können sie nur sehr schlecht Englisch, trotzdem kann man sich irgendwie verständigen und wir bestreiten die nächsten Kilometer zusammen. Als die beiden eine Pause machen bin ich wieder allein, aber wenig darauf bekomme ich erneut Gesellschaft von einem belgischen Hobbyradler, der einen Tag von seinem Familienurlaub frei bekommen hat, um einige Tour de France Klassiker abzufahren. Er kann perfekt Englisch und so merkt man gar nicht wie man sicher dem Gipfel immer mehr nähert. Erst 3km vor dem Ziel verlassen meinen Begleiter die Kräfte und ich quäle mich auch die letzten Kehren nach oben. Schon aus dem Fernsehen wusste ich jedoch, dass es der letzte Kilometer noch mal in sich haben sollte, und so war ich wenigstens gewarnt. Tatsächlich zeigte das Schild auch durchschnittlich 10% Steigung für den letzten Kilometer an und einige Radler standen am Rand um noch einmal Kraft für diesen letzten Abschnitt zu sammeln. Oben wurde ich dann von allen Umstehenden wie ein Außerirdischer angeguckt, weil es wohl nicht alltäglich ist, sich da mit MTB und Gepäck hochzubegeben. Die Stoppuhr zeigte für die 15km 1:45h an. Kurz darauf kam dann auch mein belgischer Begleiter oben an und auch Conny ließ nicht mehr lange auf sich warten. Wie ließen einige Photos von uns vor der bekannten Radfahrerskulptur machen und setzten uns in die Sonne um ein wenig auszuruhen.

Conrad holt sich Wasser an dieser Quelle

knackige Steigungen während des Anstiegs

Conrad trifft befreundete Radler

Gruppenphoto mit den Snowboardern aus Frankreich

Bergimpression

unser Ziel: der Sattel mit Hütte

das Observatorium liegt noch einmal 300 Meter höher

Blick ins Tal

Serpentinenreiche Auffahrt

Conrad erreicht den Pas

Passüberquerung von Mäfju

geschafft aber glücklich !

Conrad und Mäfju am Passschild



kurze Pause und dann gehts ins Tal

Auf die Abfahrt freute ich mich schon ganz besonders uns sie sollte mich auch nicht enttäuschen. Mit 73km/h schoss ich ins Tal. Leider bremste mich ein vor mir fahrendes Auto etwas aus, so dass auch diesmal die 80km/h Marke unangetastet blieb. Trotzdem, eine sehr schön flüssig zu fahrende Abfahrt mit vielen schnellen Doppelkurven. Am Fuß der Abfahrt wartete ich in einem kleinen Dorf auf Conny, der sich nicht dem Geschwindigkeitsrausch hingegeben hat, sondern lieber ein paar bleibende Erinnerungen in Form von Photos festgehalten hat. Weil uns die Herberge auf dem Tourmalet zu teuer war haben wir das fällige Mittagessen verschoben und holten das jetzt nach. Wir fanden eine kleine Pizzeria, die zwar nicht sehr schön war, uns aber 2 Pizzen und eine große Flasche Cola zu einem erträglichen Preis verkauft hat.
Von der üppigen Mahlzeit etwas träge kämpften wir uns die folgenden Kilometer ziemlich mühsam Richtung Col de Aspin. Nicht anders als in den vergangenen Tagen, waren die Temperaturen auch an diesem Tag wieder sehr hoch und unser Getränkeverbrauch enorm. Vor dem Aspin gab es leider keine Möglichkeit mehr die Trinkflaschen noch einmal aufzufüllen und so mussten wir ohne Flüssigkeit in den Berg fahren. Mir macht es meist nicht so zu schaffen wenig zu trinken, aber Conny leidet immer sehr wenn er nicht genug Trinken und Essen hat. Und so sollte er an diesem Berg ziemlich zu kämpfen haben. Die ersten Kilometer fuhren wir noch zusammen und überholten dabei wiedereinmal die beiden französischen Snowboarder. Ca. 6km vor dem Gipfel wird der Anstieg dann plötzlich deutlich steiler und liegt dann immer bei ungefähr 8%. Zum Glück fängt an dieser Marke auch das bewaldete Gebiet an und man fährt zumindest ab und an im Schatten. Ich machte meinen mp3 Player an und sofort lief es fantastisch. Conny ließ es etwas ruhiger angehen und hielt nach einer Quelle Ausschau. In diesem Moment hatte ich wahrscheinlich den Leistungshöhepunkt dieser Tour, denn die Steigung machte mir nichts aus und ich flog nach oben. Leider hörte der Wald ca. 2km vor dem Gipfel auf und man biegt auf eine lange gerade, wo man oben schon den Gipfel erahnen kann. Oben angekommen trank ich meine letzten Tropfen Wasser und wartete auf Conrad. Leider kein besonderes Vergnügen, weil es keinen Schatten gab und erbärmlich nach Kuhfladen stank, den die Wiesenbewohner in Massen hier verteilt hatten. ;-) Bald kam auch Conny in Sicht, der auf dem ganzen Weg hoch keine Quelle gefunden hatte und deshalb ziemlich fertig war. Bevor es wieder abwärts gehen konnte mussten aber noch ein paar Gipfelbilder gemacht werden.


hässliche Hotelburgen eines Skiorts

Conrad gönnt sich eine Pizza im Tal

kurzer Stop vor dem Col de Aspin

Conrad quält sich ohne Wasser den Berg nach oben

Mäfju am zweiten Tagespass



Blick ins Tal

Die Abfahrt ist nicht weiter erwähnenswert. Es geht recht flüssig nach unten ohne jedoch eine Chance auf einen besonderen Top Speed. Als nächster Höhepunkt stand der Col de Peyressourde auf dem Programm. Mir ging es fantastisch und am liebsten wollte ich den noch an diesem Tag bezwingen. Aber erst mal waren noch einige Überbrückungskilometer zu radeln. Diese führten durch malerische Bergtäler. Neben uns meist ein reißender Bergbach, um uns herum hohe Gipfel. Erst kurz vor dem Beginn des Aufstieges fanden wir endlich einen kleinen Laden wo wir unsere Getränkevorräte wieder auffüllen konnten. Conny gönnte sich als besondere Motivation eine große Flasche Tonic, ich blieb meiner Cola treu. Schon die ersten Kilometer des Anstieges gingen recht mühsam und Conny viel immer wieder zurück. Um uns nicht quälen zu müssen beschlossen wir doch schon vor dem Gipfel zu übernachten, und dann am nächsten Morgen mit frischen Kräften den Berg zu bewältigen.





Bergsee beim Col de Peyressourde

Auf der Karte war ein kleiner Stausee zu erkennen, den wir als optimale Zeltstelle ansahen. Allerdings diesen zu finden gestaltete sich etwas schwierig und meine Laune befand sich im Sturzflug als wir alle bis dahin erkämpften Höhenmeter in einer kurzen Abfahrt wieder verloren. Ein paar Minuten später sahen wir dann aber den See und der Anblick hätte malerischer nicht sein können. Eine gute Zeltstelle gab es trotzdem nicht, da die Ränder des Sees komplett bebaut waren und eine Art Erholungspark angelegt war. Conny, der keine Lust mehr hatte nochmals in den Anstieg zu fahren überredete mich trotzdem hier das Zelt aufzubauen und so suchten wir uns eine recht ungestörte Ecke, warteten aber mit dem Aufbau noch bis zur Dämmerung. Im See konnten wir uns abends auch noch waschen, und so den Dreck des Tages loswerden. Da wir beide recht geschafft waren gingen wir auch nicht allzu spät ins Bett. Mich quälten seit dem Tourmalet ziemliche Bauchschmerzen und so viel das Einschlafen ziemlich schwer.

Conrad am Ende der Etappe

Mäfju nach 80 km im Hochgebirge


Statistik zum 06ten Tag

leicht bewölkt war es
Vormittag
leicht bewölkt war es
Nachmittag

Tageskilometer
80,36 km
Gesamtkilometer
526,51 km
Höhenmeter
2102 (9167)
maximale Höhe
2155 Meter
Durchschnittsgeschwindigkeit
14,3 km/h
reine Fahrzeit
5:34:56 (31:13:21 h)
Start
10:00 Uhr
Ziel
20:00 Uhr
TopSpeed

60,0 km/h Conrad
72,8 km/h Mäfju
Temperatur
19 - 36 °C
Übernachtung

Bergsee beim Col de Peyressourde

Übernachtungshöhe
927 m über NN
Trinken


2,4 Liter Wasser
1,0 Liter Cola
1,0 Liter Tonic
Stärkungen
k.A.
Ausgaben



7,0 Euro für Einkauf
9,0 Euro Postkarten
8,0 Euro Pizza (erstes warmes Essen auf der Tour)

Tag 5 / Tag 7


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